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4. Austrian Indian Tour 2011

Wachau – Neusiedlersee – Wienerwald, 31.Aug.- 4.Sept. 2011

 Seit ich mich mit der Planung der verschiedenen Touren in Österreich beschäftige, ist mir die Idee eine Ausfahrt um Wien herum zu führen besonders am Herzen gelegen. Ich bin in Wien aufgewachsen und auch wenn ich jetzt in einem anderen Teil des Landes wohne, ist da natürlich  immer noch diese besondere Verbindung zu meiner alten Heimat. In einem weiten Umkreis um die Stadt kenne ich die schönsten Straßen, die verstecktesten Orte, die weitesten Ausblicke. Und ich war immer schon so sehr vom Fahren, egal ob mit Autos oder Motorrädern begeistert, daß ich als Jugendlicher oft mitten in der Nacht in meinen VW Käfer gestiegen bin, um eine kurvige Straße im Wienerwald unter meinen Scheinwerfern vorbeifliegen zu sehen.

Nach ausgiebiger Planung und gründlicher Vorbereitung war es nun also soweit. Die 4.Austrian Indian Tour stand kurz bevor und fast meine ganze Familie war mit mir auf dem Weg nach Wien. Nach unserer Ankunft im Marienhof in Unterkirchbach, gelegen etwa 10 Kilometer außerhalb von Wien mitten im Wienerwald, begannen wir mit den letzten Vorbereitungen für die Ausfahrt. Nach und nach trafen die anderen Fahrer ein, zu meiner großen Freude auch einige neue Gesichter. Joze Romzek kam auf eigener Achse aus Slowenien mit seiner gerade fertig restaurierten 1937er Chief, Christoph Brunner war aus Bayern mit einer zeitgenössisch getunten Scout angereist. Den Nachmittag und Abend verbrachten wir in großer Runde mit einigen kühlen Getränken und meine Freude war groß, daß die Gruppe wieder zusammengekommen war. Mit insgesamt 12 Indians und 21 Personen war es zudem die größte Runde seit Bestehen der Tour.

Am nächsten Morgen war es ein wunderbarer Anblick, als ich von der Terrasse des Hotels hinunter auf die Straße sah. Alle waren mit ihren Motorrädern beschäftigt, jeder erledigte noch letzte Handgriffe, bereitete sich und sein Motorrad auf die nächsten drei Tage vor. Einige Momente später saß auch ich auf meiner Scout, drehte mich zum Feld um und als jeder bereit war, setzte sich das Feld in Bewegung.

 

1.Tag, Tullnerfeld – Wachau – Melk - Weinviertel

Nach einigen Kilometern unter den mächtigen Laubbäumen des Wienerwalds erreichten wir die Serpentinen hinunter nach Königstetten und hatten einen schönen Blick über das Tullnerfeld das wir durchfahren würden. Auf offener Strecke hielt ich die Gruppe wenig später an. In einiger Entfernung sahen wir das zwar fertiggebaute, aber nie in Betrieb gegangene, einzige Atomkraftwerk Österreichs, Zwentendorf. Mutige Bürger hatten in den frühen 1980er Jahren die Inbetriebnahme durch Proteste und Blockaden verhindert. Einige Jahre später wurde das Projekt nach einer Volksabstimmung für gescheitert erklärt. Österreich ist bis heute Atomstromfrei!  Etwas später näherten wir uns zügig dem Beginn der Wachau bei Krems an. Die Gegend ist durch ihre Geographie und die Bodenverhältnisse ganz dem Weinbau verschrieben. Dem Rheingau in Deutschland ganz ähnlich, schneidet in der Wachau die Donau scharf durch links und rechts steilansteigende Hänge. Durch das so entstehende Klima und die sandigen Böden, entstehen Weine höchster Qualitäten. Dicht am Ufer des Flußes, schossen wir auf unseren Motorrädern Stromaufwärts, um auf Höhe von Dürnstein die erste Rast einzulegen. Nach einigen weiteren Kilometern überquerten wir bei Melk, das für sein riesiges Stiftskloster berühmt ist, die Donau, um auf der gegenüberliegenden Flußseite zurück Richtung Wien zu fahren. Nach etwa 140 gefahrenen Kilometern legten wir eine Mittagsrast ein. Für den Nachmittag hatte ich noch einen Besuch auf dem Weingut meines Schwiegeronkels in Großriedenthal am Wagram geplant und so waren wir schon bald wieder auf der Straße. Nach dem Verlassen der Wachau änderte sich die Landschaft komplett. Die Hügel laufen ins Flache aus und enden in der Ebene des Wiener Beckens. Ein weiteres Mal erhöhten wir das Tempo und erreichten wenig später das Weingut. Im Innenhof war schon alles für uns vorbereitet. Nach einer kurzen Begrüßung, wurden wir mit selbstgebackenem Nußbrot, Käse und natürlich der einen oder anderen Weinprobe verwöhnt und besichtigten Hof und Keller. Für mich war es etwas ganz besonderes mit einer Austrian Indian Tour an unserem „Familienweingut“ Halt gemacht zu haben.

Nach weiteren 30 Kilometern erreichten wir Korneuburg an der Donau. Als letzten besonderen Programmpunkts des Tages hatte ich die Route so geplant, daß wir die Donau nun auf einer Rollfähre aus dem Jahr 1929 überqueren würden. Unsere Motorräder auf der über 80 Jahre alten Fähre, die sich nur durch das Querstellen im Strom in Bewegung setzte, war schon ein stimmiges Bild. Näher kann man der Donau mit einer Indian fast nicht mehr kommen.

Nach der Durchfahrt von Klosterneuburg und den nördlichen Kehren der Höhenstraße, steuerte ich noch den „schönsten Balkon“ Wiens an. Die Aussichtsterrasse direkt hinter der Leopoldskirche bot uns einen wunderbaren Rundumblick über die Stadt und die Gegend die wir in den nächsten Tagen durchfahren würden. Wieder auf unseren Indians waren es jetzt nur noch einige Kilometer auf historischem Kopfsteinpflaster, bis wir im Marienhof und in gemütlicher Runde den Tag ausklingen lassen konnten.

     

 

2.Tag, Marchfeld – Braunsberg –Neusiedlersee -Rust

Die ersten Kilometer des Tages führten uns wieder zurück zur Fähre, die wir ein zweites Mal nutzten um die Donau zu queren. Auf den, von Ortschaft zu Ortschaft fast gerade gezogenen Straßen durch das nördliche Niederösterreich, schraubten wir das Tempo wieder nach oben. Die riesigen Flächen des Marchfeldes wechselten sich mit kleinen Walddurchfahrten und Alleestraßen ab. Bei Hainburg überquerten wir auf der imposanten Donaubrücke ein weiteres Mal den Strom, um nach einigen Minuten im dichten Verkehr auf den Braunsberg hinaufzufahren, der regelmäßig zum Ziel für Oldtimerausfahrten und Bergrennen wird. Ein weiteres Mal genossen wir den weiten Blick ins Land.

Nachdem wir den Halt auch gleich zur Mittagsrast genutzt hatten, fuhren wir einige Zeit dicht an der slowakischen Grenze um dann das Burgenland, die wahrscheinlich bedeutendste Weingegend Österreichs, zu erreichen. Über flache Hügel ging es hinunter in die Ebene um den Neusiedlersee, den man in der Ferne schon ausmachen konnte. Vorbei an Pferdekoppeln, Obstpflanzungen und immer dichter werdenden Weinfeldern, ließen wir Ortschaft nach Ortschaft hinter uns. Kurz hinter Illmitz bogen wir ins Vogelschutzgebiet Neusiedlersee ein, um ein weiteres Mal anzuhalten. Vom Beobachtungsturm  knapp am Schilfgürtel, hatten wir einen herrlichen Blick über den See und das gegenüberliegende Ufer mit dem Ort Rust, unserem Tagesziel. Da wir noch einige Kilometer vor uns hatten, saßen wir aber schon bald wieder im Sattel, um über Neusiedl und Weiden das Leithagebirge zu erreichen. Von dem Wort „Gebirge“ sollte man sich aber nicht täuschen lassen, handelt es sich schließlich nur um eine Hügelkette, die wegen der abwechslungsreichen Strecke von mir in die Tour aufgenommen worden ist. Nachdem uns der kurvige Straßenverlauf etwas oberhalb des Sees einige schöne Ausblicke über die Gegend ermöglicht hatte, näherten wir uns bei Donnerskirchen wieder dem See und legten die letzten Kilometer des Tages bis Rust zurück. Für den Abend hatte ich in einer der für die Gegend typischen Buschenschanken reserviert. Bei ausgezeichnetem Wein und einer überreichlichen Auswahl an Spezialitäten der Region, genoßen wir den Abend.

 

 

3.Tag, Forchtenstein – Höllental - Wienerwald

Schon bei der Planung der Tour, hatte ich mich wegen des Streckenverlaufs besonders auf den dritten Tag gefreut. Während die ersten beiden Tage zum größten Teil in der Ebene verliefen, würde uns der heutige Tag in hügelige, ja sogar leicht bergige Gegenden führen. So verließen wir Rust und nährten uns im weiten Bogen Forchtenstein, dem ersten Halt des Tages. Als ich den Parkplatz der Burg erreichte, drehte ich mich wie immer um und sah wie die ersten Fahrer hinter mir auf den Parkplatz fuhren. Ich wollte meine Scout schon fast abstellen, da schoßen drei Indians mit hohem Tempo an der Einfahrt des Parkplatzes vorbei, die uns offensichtlich übersehen hatten. Ich wendete, rollte über den Parkplatz und gab ab der ersten Kurve auf offener Straße Vollgas. Auf einer längeren Geraden wurde mir bewußt, wen ich da eigentlich verfolgte. Manfred Fetscher, einer der sportlichsten Fahrer im Feld auf Sport Scout und Horst Strangmann auf seiner Four. Angeführt wurden die beiden von Joze Romsek auf seiner Chief, der seinerseits so schnell wie möglich fuhr, um die vermeintlich vor ihm fahrende, restliche Gruppe einzuholen! Ich hatte auf meiner Scout alle Hände voll zu tun aufzuholen. Mit hoher Drehzahl, sportlichem Schalten  und außergewöhnlichen Kurvenlagen gelang es mir, langsam auf die drei aufzuschließen. Einige Male schliffen die Trittbretter über den Asphalt, letztlich gelang es mir aber auf einer langen Geraden die Gruppe anzuhalten. Noch nie zuvor hatte ich meine Scout so hart, so nah am Limit gefahren. Nach einem kurzen Durchatmen kehrten wir zur Gruppe auf den Parkplatz zurück und setzten nach einer kurzen Besichtigung der Burg unsere Fahrt mit der restlichen Gruppe fort. Der Streckenverlauf wurde jetzt immer abwechslungsreicher. Teilweise nur mehr auf Nebenstraßen die Bauernhof mit Bauernhof verbanden, näherten wir uns langsam dem Schneeberg an. Bei Reichenau an der Rax bogen wir ins Höllental. Dicht an dicht drückten sich hier die Kurven an den Felswänden der engen Schlucht. Schnell waren wir alle im Takt der Kurven, im Rhythmus des Gasgebens, Anbremsens und wieder Gasgebens. Wie im Rausch, mußte ich mich zwingen die Gruppe zur Mittagsrast im Weichtalhaus anzuhalten. Kurzzeitig waren wir hier 13 Indians, da Hans mit seiner 1927er Police Scout zu uns gestoßen war. Nach dem Mittagessen und einigen weiteren Kilometern enger Kurvenfahrten öffnete sich die Landschaft und wir befuhren weitläufige Almwiesen. Wie auf bis jetzt jeder Tour, stellte sich bei mir an diesem Nachmittag des dritten Tages das Gefühl ein, die Tour jetzt nur mehr “nach Hause fahren“ zu müssen. So genoß ich die Strecke kurz vor Wien und war etwas später froh, als wir den dichten Verkehr am Stadtrand hinter uns gelassen hatten. Durch die engen Kehren der Sophienalpe und unter den mächtigen Bäumen des Wienerwaldes fahrend, trafen wir wenig später am Marienhof, dem Endpunkt der Tour, ein. Wir hatten in 3 Tagen etwa 660 Kilometer zurückgelegt.

In den letzten Jahren hat sich eine wunderbare Gruppe entwickelt. Viele Fahrer sind seit der ersten Tour dabei, das Fahren in der Gruppe funktioniert wie selbstverständlich, die Motorräder sind stets bestens vorbereitet und immer wieder stoßen neue Gesichter zu uns, die die Gruppe bereichern. Einfach wunderbar!

 

Schon jetzt freue ich mich auf das nächste Mal wenn wir uns wieder treffen, um auf der kommenden Ausfahrt ins Gebirge zurückzukehren:

5.Austrian Indian Tour 2013, Südtirol - Osttirol

 

         

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